“In den letzten Wochen haben Landes- und Stadtregierungen in ganz Deutschland öffentliche Versammlungen mit mutmaßlichen Sympathien für Palästinenser verboten. Diese Repressionen bestrafen auch Demonstrationen wie „Jugend gegen Rassismus“ und „Jüdische Berliner*innen gegen Gewalt in Nahost“. In einem besonders absurden Fall wurde eine jüdische Israelin festgenommen, weil sie ein Schild in der Hand hielt, auf dem sie den Krieg, den ihr Land führt, anprangerte.”
“Die Polizei hat keine glaubwürdige Verteidigung für diese Entscheidungen geliefert. Praktisch alle Absagen, einschließlich derjenigen, die von jüdischen Gruppen organisierte Versammlungen verbieten, wurden von der Polizei zum Teil mit der „unmittelbaren Gefahr“ von „volksverhetzenden, antisemitischen Ausrufen“ begründet. Diese Behauptungen dienen unserer Meinung nach dazu, legitime und gewaltfreie politische Äußerungen, die auch Kritik an Israel beinhalten dürfen, zu unterdrücken.”
“In Berlin ist der Bezirk Neukölln, in dem große türkische und arabische Gemeinschaften leben, heute ein von der Polizei besetztes Viertel. Gepanzerte Lieferwagen und bewaffnete Bereitschaftspolizisten patrouillieren durch die Straßen und suchen nach spontanen Unterstützungsbekundungen für die Palästinenser oder nach Symbolen der palästinensischen Identität. Fußgänger werden auf dem Bürgersteig angerempelt und mit Pfefferspray attackiert. Kinder werden rücksichtslos angegriffen und verhaftet. Zu den Festgenommenen gehören bekannte syrische und palästinensische Aktivisten.”
“Diese Verstöße gegen die Bürgerrechte rufen bei den kulturellen Eliten in Deutschland kaum einen Aufschrei hervor. Große Kultureinrichtungen haben sich wie synchronisiert selbst zum Schweigen gebracht, indem sie Theaterstücke, die sich mit dem Konflikt befassen, abgesagt haben und Persönlichkeiten, die Israels Aktionen kritisch gegenüberstehen könnten – oder die einfach selbst Palästinenser sind –, das Rederecht entzogen wurde. Diese freiwillige Selbstzensur hat ein Klima der Angst, der Wut und des Schweigens geschaffen. All dies geschieht unter dem Vorwand, Juden zu schützen und den Staat Israel zu unterstützen.”
Tja, das sind „schlechte Juden“. Laut dem deutschen Staat sind die Juden nur dann gut wenn sie am besten ganz weit weg irgendwo in Israel (oder Westjordanland) leben und die israelische Regierung unterstützen. Diese „böse Juden“ hier sind vielleicht sogar Antisemiten! Jeder weiß doch, wenn man Israel nicht unterstützt dann hasst man alle Juden. Denn Israel besitzt sie alle und spricht für sie alle.
Also Juden die Israel kritisieren darf es nicht geben. Wie kann der deutsche Staat seinen Sündenerlass denn sonst kriegen wenn er Israel nicht bedingungslos unterstützen kann? Geschichte abarbeiten braucht man eh nicht.
(SARKASMUS)
“All dies geschieht unter dem Vorwand, Juden zu schützen
und den Staatum die Regierung in Israel zu unterstützen.”So stimmt der Satz.
Der Satz ist richtig, so wie er im offenen Brief geschrieben ist.
Der Vorwand bezieht sich auf die Gründe, die von den Betreibern dieser Maßnahmen vorgebracht werden. Der Satz ist richtig, weil die Bundesregierung und die Landesregierungen insb. in Berlin natürlich nicht sagen, sie unterstützen die israelische Regierung, sondern behaupten den israelischen Staat zu unterstützen.
Es geht genau darum, dass dies Vorwände sind, also nur behauptete Ziele. Du beziehst dich auf die tatsächlichen Ziele, und nicht auf die behaupteten Ziele.
Nein, ist er nicht.
Der Schutz des israelischen Staates ist kein Vorwand. Der ist durchaus ernst gemeint und das ist auch gut so.
Der Schutz von Juden (und dabei dann z.B. auch Demonstrationen von Juden gegen die israelische Regierung als pro-palästinensisch verbieten) hingegen ist ein Vorwand, um das konkrete Handeln der israelischen Regierung zu unterstützen.
Klar ist jedoch: Es macht Juden nicht sicherer, wenn Deutschland das Recht auf öffentliche Trauerbekundung um verlorene Menschenleben in Gaza verweigert.
Das macht doch niemand!? Ich verstehe den ganzen Brief irgendwie nicht.
Du hast nicht den ganzen Brief gelesen, oder?
Doch, habe ich. Ich finde nur die Argumentation allgemein etwas irritierend.
Was in dem Absatz über Neukölln steht, finde ich persönlich hart überzogen. Das liest sich, als würden da Schlägertrupps von der Polizei durchlaufen und jeden verprügeln, der auf der Straße herumläuft. Ich bin allgemein einfach kein Fan solcher Hochstilisierungen.
In Hamburg sind zum Beispiel per Allgemeinverfügung seit Wochen sämtliche pro-palästinensischen Demos verboten. In anderen Städten ist das genau so. Im Brief wird von der jüdischen Israeli berichtet, die gegen den Krieg demonstrierte und festgenommen wurde. Und darum geht es hier. Die eine Seite darf sich nicht friedlich äußern, doch dadurch ist die andere Seite nicht sicherer, ganz im Gegenteil.
Das werde ich sicher nicht verteidigen, aber ich glaube, dass der Rechtsstaat hier nicht pauschal als Unterdrücker irgendwelcher Meinungen begriffen werden darf. Es werden doch auch Pro-Palästina-Demonstrationen erlaubt und das ist total selbstverständlich. Alle Menschen sollen in der Lage sein, ihre Meinung für oder gegen etwas auszudrücken - solange das nicht in Hass und Hetze endet und damit das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit verlässt. Das war in allen verbotenen Demos der Fall.
Es stimmt auch einfach nicht, dass Hamburg pauschal jede Demo verbietet. Vor zwei Tagen wurde das Verbot verlängert für ausschließlich solche Demos, die den Angriff auf Israel gutheißen oder die Hamas unterstützen. Desweiteren findet gerade in diesem Moment eine Pro-Palästina-Demo in Berlin statt.
Die Forderung nach gleichen Rechten der freien Meinung für alle ist hingegen immer angebracht und erneuerungswürdig. Dagegen richtet sich aber auch nicht meine Kritik bzw mein Unverständnis.
Es stimmt auch einfach nicht, dass Hamburg pauschal jede Demo verbietet. Vor zwei Tagen wurde das Verbot verlängert für ausschließlich solche Demos, die den Angriff auf Israel gutheißen oder die Hamas unterstützen.>
So steht es auf den Papier, genehmigt wurde in den vergangenen Wochen genau eine einzige und die wurde nach 40 Minuten abgebrochen.
Wie gesagt, die Regelung besteht seit zwei Tagen.
Nein, die Regelung besteht seit 15.10. und wird regelmäßig verlängert, aktuell bis morgen. An den Auflagen hat sich nichts geändert.
Ich habs auch erst übersehen, aber der Brief ist vom 22. Oktober, vielleicht hat sich da ja schon wieder was geändert?
Das erklärt für mich jedenfalls etwas den scharfen Ton, der dort angeschlagen wird. Das ist ja quasi direkt nach den ersten Ereignissen.
Ist das die jüdische Version von dem Brief von Alice Schwarzer und Sahra Wagenknecht?
Das wäre es, wenn sie dazu aufrufen würden Israel in Ruhe das machen zu lassen, was sie wollen, weil wir doch alle Frieden wollen. Und brauchen die Palästinenser wirklich den Gazastreifen? Vielleicht sollten sie ihn einfach friedlich abgeben. Diplomatie ist der Schlüssel!