7.8.2023 18:34 Uhr Marc Stöckel

In den letzten Wochen prägten auf der Plattform Reddit umfassende Proteste das Geschehen. Auslöser dafür waren massive Preiserhöhungen für die Nutzung der API des sozialen Netzwerks. Und obwohl der Reddit-CEO Steve Huffman eisern an der neuen Preisstruktur festhält, scheinen die Proteste langsam zum Erliegen zu kommen. Große Subreddits protestieren kaum noch

Mehr als 8.800 Subreddits hatten sich einst einer Protestaktion gegen die erhöhten Preise der Reddit-API, die für viele Drittanbieter-Apps eine existenzgefährdende Wirkung haben, angeschlossen. Sie alle wollten vorerst für zwei Tage das Licht ausschalten, also den Zugriff auf ihre Inhalte auf „privat“ stellen, sodass diese effektiv von der Öffentlichkeit abgeschnitten waren. Doch die Fronten verhärteten sich, sodass sich viele Moderatoren sogar dafür entschieden, ihre Subreddits auf unbestimmte Zeit „dunkel“ zu lassen.

Ein Blick auf Reddark verrät allerdings, dass das Licht inzwischen nur noch bei knapp 1.800 Subreddits wirklich aus ist. Bei den allermeisten davon handelt es sich um kleinere Communities mit weniger als 1.000 Mitgliedern, wohingegen die größeren Subreddits fast alle wieder öffentlich zugänglich sind. Nur bei einem einzigen Subreddit mit mehr als 10 Millionen Mitgliedern ist der Zugriff nach wie vor eingeschränkt: r/fitness.

Grund dafür dürfte nicht zuletzt die Tatsache sein, dass die Administratoren der Plattform zunehmend Druck auf die rebellischen Moderatoren ausübten und einige davon ihres Amtes gewaltsam enthoben, um sie durch neue Moderatoren zu ersetzen, die gewillt waren, die geschlossenen Subreddits wieder zu öffnen und sie zur Normalität zurückkehren zu lassen. Dies betraf insbesondere jene Communities, die mit einer NSFW-Markierung versehen wurden, sodass Nutzer dort pornografische Inhalte teilen konnten – was einige Mitglieder auch umfassend ausnutzten.

Auch John Oliver zieht sich zurück

Viele der protestierenden Subreddits änderten im Laufe der Zeit ihre Strategie. Zwar öffneten sie sich wieder für die breite Masse, jedoch führten die Moderatoren in Abstimmung mit der jeweiligen Community spezielle Regeln ein, um ihrem Unmut über die erhöhten API-Preise weiterhin Nachdruck zu verleihen. Einige Subreddits, darunter beispielsweise r/pics und r/gifs, erlegten sich zu diesem Zweck die sogenannte John-Oliver-Regel auf, die Mitgliedern das Teilen von Inhalten verbot, die nichts mit dem britisch-amerikanischen Comedian John Oliver zu tun hatten.

Doch auch diese Art des Protests hat zuletzt deutlich nachgelassen. Nach und nach haben die Subreddits die John-Oliver-Regel häufig zunächst durch andere, weniger restriktive Regeln ersetzt und sie später sogar vollständig aufgehoben – so auch im Falle von r/pics, r/aww und r/videos, wie etwa The Verge kürzlich berichtete. Wie einer der involvierten Moderatoren diesbezüglich erklärte, habe die Leidenschaft für den Protest nach nunmehr über einem Monat nachgelassen. Außerdem habe sich die Aufmerksamkeit der Leute inzwischen wieder auf andere Dinge verlagert.

Reddit hat scheinbar gewonnen

Einige vorwiegend kleinere Subreddits protestieren zwar nach wie vor, jedoch dürften diese den Betrieb der Plattform aufgrund ihrer geringen Größe kaum noch beeinträchtigen. Reddit scheint den Konflikt in erster Instanz „gewonnen“ zu haben, wenngleich die Debatte noch langfristige Auswirkungen nach sich ziehen könnte, die sich bisher kaum abschätzen lassen. So dürfte das Vertrauen vieler Benutzer der Plattform nach den vergangenen ereignisreichen Wochen stark erschüttert sein. Einige Communities haben sich bereits für eine dauerhafte Abkehr von Reddit eingesetzt – sie wollen auf alternative Plattformen wie Discord ausweichen.

Auch wenn der Reddit-CEO damit seinen Willen augenscheinlich durchsetzen konnte, bleibt abzuwarten, ob es sich dabei am Ende nicht doch nur um einen Pyrrhussieg handelt, der auf lange Sicht mit einem zu hohen Preis einhergeht. Schließlich entstehen im Internet immer wieder neue Plattformen, die nur darauf warten, neue Nutzer anzuziehen und ihnen ein neues Zuhause zu bieten. Ein soziales Netzwerk, das in erster Linie von der eigenen Community lebt und sich dennoch an deren Willen vorbei entwickelt, muss auch langfristige Folgen einkalkulieren, die vor diesem Hintergrund durchaus verheerende Ausmaße annehmen können.

  • Strühfückchen@feddit.deOP
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    1 year ago

    Hmm, ich habe wohl gepostet ohne zu sehen, dass bereits ein Beitrag zum Thema von heise.de eingetragen wurde. Ist jetzt wohl eine Mod-Entscheidung, ob man diesen Beitrag stehen lässt.

    • caos@feddit.de
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      1 year ago

      Warum nicht mehrere Beiträge zum gleichen Thema? sind zwar teilweise deckungsgleich, aber schon noch mal eine andere Perspektive. Im Heise-Artikel werden wohl gar keine Alternativen erwähnt, hier ausgerechnet Discord.

      Es gibt übrigens auch noch eine Community zum Thema Reddit !reddit@feddit.de . Da könnte es auch noch crossgepostet werden, falls noch nicht geschehen.