Über ein Jahrzehnt bin ich nun politisch aktiv - ob in (linken) Gruppen, Vereinen, oder sogar mal irgendwo im Wahlkampf. Jeden Tag habe ich mich über tagesaktuelle Nachrichten informiert, aber auch mal grundlegende Literatur gelesen. Mittlerweile kann ich es nicht mehr. Jede Talkshow macht mich nur noch wütend, resigniert; ja, erschöpft mich regelrecht. Politik ist nichts als verlogenes, opportunistisches Aufgeschrecke und Verdummung der Bevölkerung. Will hier nicht auf ein stumpfes “die da oben” hinaus, weil es schon an der Basis beginnt und die gewählten Herren und Damen an der Spitze wirklich auch nur die Spitze des Eisbergs sind, die das ganze Gezetere schließlich verkaufen müssen. Der aktuelle negative Höhepunkt (also Tiefpunkt) ist die Debatte um die Migration, die zeigt wie unglaublich stupide und kurzsichtig Politik hier ist. Solingen passierte und einen Tag später übertrumpfen sich alle Parteien der Ampel bis Union und AfD in ihren rechten Forderungen. Und die Politik lässt sich von den Rechten treiben wie ein Tier in die Manege. Und plötzlich waren alle ja schon immer gegen “irreguläre” Migration (wo kommt dieses dumme Wort plötzlich eigentlich her?!) - gestern Abend wirft die SPD-Tante aus Bayern ein, dass die SPD (und Ampel) ja bereits sehr viel abschieben und die Union auch nicht mehr schaffen würde. Das erzählt man in so einem Nebensatz, der mittlerweile so leicht von den Lippen geht, dass es nicht mal mehr eine Lawine lostritt, oder uns kleine Schneeflöckchen noch groß kümmert. Wie weit haben wir das Overtonfenster mittlerweile nach rechts geschoben? Die “progressiven” Parteien haben längst verloren, weil sie gebetsmühlenartig das menschenfeindliche Geschwätz der Rechten übernommen haben und mittlerweile ja selbst das Patent darauf haben wollen. Wäre doch nur einmal jemand mit Rückgrat in der Politik, dem es nicht nur um das Verteidigen der eigenen Partei ging, der auch mal Fehler erkennen würde, der aus wirklicher Überzeugung handeln würde. Es wäre ein verdammter Lichtblick in diesem mandelbraunen Politikbrackwasser. Die glauben immer noch, sie könnten die “abgehängten” Wutbürger zurückholen, wenn sie der Faschistenpartei einen heimlichen Daumen nach oben geben, während sie nicht verstehen, dass sie ihnen bereits die Hofeinfahrt pflastern und ein Leuchtfeuer entzünden, dass den Rechten den Weg in die Parlamente weist. Es hat keine zwei Tage gedauert, bis die Ampel unter mittlerweile nicht mal mehr Bauchschmerzen das neue Migrationspaket vorgestellt hat, weil sie aus Unsinnigkeit und völliger Verdrossenheit Angst vor rechten Vordringen verhindern wollte; hat damit aber die ganze Debatte entkapselt und in das Rampenlicht gerückt, wo es de facto überhaupt nicht hingehört.
Kurzum: ich brauche Abstand von Politik und seinen Lakaien.
Ich habe irgendwo mal von nem Soziologen gelesen, der sagte der Hauptunterschied zwischen Ost und Westdeutschland ist das Politikverständnis. Die Wessis sind eine repräsentative Demokratie gewohnt, mit Parteien, ihren Programmen und dem indirekten Einfluss.
Die Ossis haben sich ihre Demokratie vor 30 Jahren erkämpft. Sie wollen auch weiterhin mitreden und eine direkte Demokratie haben.
Nur leider sind wir Wessis zu stolz, um den Ossis ihren Kampf anzuerkennen. Wir haben nie für Demokratie kämpfen müssen. Wir verstehen auch nicht, warum der Osten sich nicht in der Parteienlandschaft wiederfinden kann.
Ich finde mehr direkte Demokratie eine gute Idee. Sollte man mal Ausprobieren. Zb den Bürgerräten mehr Einfluss geben und nicht nur einen „beratenden Charakter“
Entschuldige meine extreme Wortwahl aber…
Willst du mich verarschen? Die Leute in Ostdeutschland haben sich überhaupt nichts erkämpft. Deren Fehlschlag von einem Staat hat den Gesit aufgegeben und sie wurden auf Kosten der BRD aufgefangen. Und seitdem heulen sie rum, dass nicht alles so perfekt ist, wie sie es gern hätten. Als hätte die Wiedervereinigung nicht den Wohlstand einer ganzen Generation aufgefressen. Jeder Staat in Osteuropa hat da vergleichsweise mehr zu kämpfen gehabt, denn die standen tatsächlich bei Null und mussten sich etwas erarbeiten. Große Teile der Ostdeutschen hingegen sehnen sich nach wie vor nach (völlig imaginären) guten Zeiten in der DDR, ehe sie von den bösen Wessis quasi annektiert wurden, als wäre die DDR nicht pleite und völlig am Ende gewesen. Sowas passiert, wenn deine Fehlerschläge keine Konsequenzen haben. Wäre das prägende Ereignis für Ostdeutsche ihr Kampf für die Demokratie, würden sie nicht in großen Teilen autoritäten Regimen hinterher hecheln und sich für Deutschland ähnliches wünschen.